Von Sebastian Schulz

„Soziales Klima em Dorp“ hieß am ersten Abend der Remscheider Veranstaltungsreihe „Lüttringhauser Gespräche“. Ganz im Zeichen des aktuellen Wandels in Sachen Klima und Gesellschaft begann die Reihe mit sozialen Themenansätzen, die vor allem auch die verschiedenen, generationsbedingten Sichtweisen offenbarten.

Die Lüttringhauser Gespräche sind bekannt dafür, den Zeitgeist aufzugreifen. So überrascht es nicht, dass mit dem Beginn der Reihe 2019 das Thema Wandel durch Klima und gesellschaftliche Veränderungen aufgegriffen wurde. Das Klima wird und ist ein Thema, das die nächsten Generationen nicht nur beschäftigen sondern beeinflussen wird und das gilt auch für den strukturellen Wandel der Gesellschaft.

Demografischer Wandel, Landflucht aber auch Migration zeigen, dass alleine herkömmliche Wege in der sozialen Betreuung und dem sozialen Miteinander nicht mehr ausreichen. Prof. Dr. Ulrich Deinet lehrt seit 2006 als Sozialwissenschaftler Didaktik und methodisches Handeln in der Verwaltung und hatte von 2003 bis 2006 die Vertretungsprofessur für Didaktik/Methodik der Sozialpädagogik an der Fachhochschule Düsseldorf inne. Seine Erkenntnisse aus dem Bereich der Jugendforschung zeigen, dass „soziale Räume“ oft ihre Zielgruppe verfehlen. Ebenfalls verwies der zweite Referent des Abends, Andy Dino Iussa, auf die Notwendigkeit, für eine gelingende Integration „Resonanzräume“ eines neuen sozialen Miteinanders zu schaffen.

Prof. Dr. Ulrich Deinet Bild: Sebastian Schulz)

Mitschnitt Prof. Dr. Deinet

Die Unterschiede zwischen den Generationen lassen den Sozialwissenschaftler Prof. Ulrich Deinet von einer Jugend sprechen, die „wie ein Forschungsobjekt“ gesehen werden kann. Bezogen auf den Altersdurchschnitt in der Zuhörerschaft an diesem Abend scheint das plausibel. Denn gängige Jugendbegriffe und der Bezug zu technischen Neuerungen wie Smartphones stießen eher auf fragende, sogar abwinkende Blicke. Die Jugend schafft sich neue Räume. Räume, die nicht nur physisch immer neu definiert werden, sondern auch vermehrt im virtuellen Raum stattfinden. Der „soziale Raum“, wie es an diesem Abend heißt, muss eine neue Zielrichtung einschlagen.

Das sei übergreifend eine Problematik, meint Deinet. Zwar seien die Bezugspunkte in Großstädten eher gegeben, jedoch sind auch kleine Quartiere wie beispielsweise Lüttringhausen durch die jugendliche Bindung zur Heimat eine Verbindung zur Zielgruppe. Dabei und auch in anderen gesellschaftlichen Gruppen, wie bei Zugezogenen, Migranten usw. bräuchte es „Freiräume“, sagt Andy Dino Iussa, Theaterregisseur sowie Kunst- und Kulturprojektförderer. Seine Erfahrungen als Projektförderer in der Pfarrei St. Bonaventura und Heilig Kreuz in Remscheid – unter anderem im Projekt „Weltort Lennep“ im Lotsenpunkt Lennep – zeigen, dass eine individuelle Einbindung verschiedener Menschen unterschiedlicher Herkünfte in einem freien Raum das Miteinander fördert. Dadurch können Rassismus sowie Diskriminierung vorbeugt werden.

Andy Dino Iussa Bild: Sebastian Schulz)

Mitschnitt Andy Dino Iussa

Die Auftaktveranstaltung der Lüttringhauser Gespräche bekräftigt, dass der gesellschaftliche Strukturwandel bezogen auf die Jugend, das intergenerationelle Miteinander und der Auswirkungen von Migration und Integration sowohl der weiteren Forschung als auch der Entwicklung von neuen „sozialen Räumen“ vor Ort bedarf. Erste Ansätze sind bereits sichtbar: das Projekt „Weltort Lennep“ mit Andy Dino Iussa wurde bereits mit dem katholischen Preis gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ausgezeichnet. Dass die Jugendkultur an jenem Abend allerdings eher fragende Gesichter zurück lässt, spricht dafür, dass auch in der Kommunikation zwischen den Generationen Luft nach oben ist.

Die Lüttringhauser Gespräche befassen sich in diesem Jahr mit den verschiedenen Formen von Wandel im Bereich von Klima, Gesellschaft und Religion sowie deren Auswirkungen. Am 19. November ab 19.30 Uhr beginnt der zweite Teil der Veranstaltungsreihe. Dr. Gudrun Kordecki Referentin für Umwelt und Bioethik, Institut für Kirche und Gesellschaft in Schwerte referiert über den maßlosen Umgang mit den planetaren Ressourcen und wie viele Erden nötig wären, um unseren bisherigen Verbrauch zu decken.Ort des Geschehens ist das evangelische Gemeindehaus, Ludwig-Steil-Platz 1c, Lüttringhausen. Eine Kooperationsveranstaltung der Evangelische Kirchengemeinde Lüttringhausen, der Katholischen Pfarrgemeinde St. Bonaventura / Heilig Kreuz, der Evangelischen Kirchengemeinde bei der Stiftunung Tannenhof und des Katholischen Bildungswerks Wuppertal/Solingen/Remscheid.


Der dritte Termin der Lüttringhauser Gespräche findet am 26. November statt. Prof. Dr. Regina Polak vom Institut für Praktische Theologie, Universität Wien referiert über die Veränderungsprozesse innerhalb der europäischen Religionen. Auf der Basis aktueller religionssoziologischer Befunde lotet die Referentin aus theologischer Perspektive Herausforderungen und Chancen für die Kirche vor Ort aus. Zeit und Ort entsprechen den voran gegangenen Veranstaltungen. Nähe Informationen gibt es hier.

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